cortical linguistics
Günter Kochendörfer
Kortikale Linguistik
Abstract
Der Kortex kann als universelles datenverarbeitendes System verstanden werden und Sprache kann in einem solchen System beliebig hardwarefern strukturiert sein (ohne je hardwareunabhängig zu werden). Unter der Annahme großer Hardwareferne wäre ein Blick auf kortikale Strukturen für die Linguistik eher nebensächlich. Eine wissenschaftlich fruchtbarere Hypothese ist allerdings, dass sich Sprache in der Evolution in möglichst großer Nähe zu bereits vorhandenen kortikalen Strukturen entwickelt hat, das heißt unter optimaler Verwendung kortikaler Strukturprinzipien, die auch in anderen Leistungsdomänen gültig sind.
Wenn man die Hypothese der Hardwarenähe von Sprache zugrunde legt, stößt man zunächst ganz allgemein auf das Problem, wie irgendwelche Inhalte, also nicht nur sprachliche, im Kortex repräsentiert zu denken sind. Die Meinungen darüber gehen sehr weit auseinander. Von der Linguistik her kommend kann man Berührungspunkte erkennen zwischen dem allgemeinen Repräsentationsproblem und zentralen Konzepten der linguistischen Semantik, insbesondere der Prototypentheorie.
Aus den Besonderheiten der Datenverarbeitung im Kortex ergibt sich, dass die Repräsentation von Inhalten und die dazugehörigen Lernprozesse immer zusammen mit Produktions- und Perzeptionsprozessen zu behandeln sind. Das heißt, dass gerade auch auf das Verständnis der Produktionsprozesse (Top-down-Zugriff auf Repräsentationen, Entstehung von Vorstellungen usw.) besonderes Gewicht gelegt werden muss.
Letzte Änderung 15. 6. 2002